Sonntag, 17. September 2017

"Exit West" von Mohsin Hamid

Die Türen in ein neues Leben

Ein Land, dessen Namen man nicht erfährt. Ein Land, das auf einen Bürgerkrieg zusteuert. Zwei junge Menschen, die sich ineinander verlieben,  obwohl sie ganz unterschiedlich leben. Die beiden jungen Menschen sind Nadia und Saeed. Nadia lebt in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Sie ist frei und unabhängig, doch der Preis für ihre Freiheit ist der, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hat. Nadia trägt über ihrer Jeans und ihrem Shirt ein schwarzes Gewand, aber nur, weil es sie vor anderen Männern schützen soll. Saeed lebt noch bei seinen Eltern. Er betet viel und regelmäßig.

Der Krieg nimmt Saeed die Mutter. Nadia zieht zu Saeed und seinem Vater, weil sie dort sicherer ist. Die beiden jungen Menschen planen die Flucht, denn da sind diese Türen, von denen die anderen sprechen. Türen in die Freiheit, Türen in ein besseres Leben. Nadia und Saeed wagen den großen Schritt. Ihre Stationen werden Mykonos, London und schließlich das ferne Amerika sein. 

"Exit West" - ein Buch mit einem äußerst aktuellen Thema, Flucht und Migration. Die Flucht selbst wird kaum beschrieben. Es sind lediglich Türen, durch die man hindurchgeht in eine andere Welt. Es geht ums Loslassen, Zurücklassen und ums Ankommen. Ankommen in der Freiheit. Ankommen in einer ihnen völlig fremden Welt.

In London findet das Paar Unterschlupf in einem besetzten Haus, doch die Einheimischen protestieren gegen immer mehr Migranten. Hass und Gewalt schlägt ihnen entgegen. Schließlich landen sie in Amerika. So viel haben die beiden miteinander erlebt, so viel Zeit haben sie miteinander verbracht und doch sind sie sich fremd geworden. Saeed wendet sich immer mehr dem Gebet zu, während Nadia endlich frei ist und doch nicht auf ihr schwarzes Gewand verzichten wird. 

"Exit West" - der Leser wird ganz offen mit dem Grauen eines Bürgerkrieges konfrontiert. Bomben fallen, Häuser und Existenzen werden ausgelöscht, Menschen geköpft und aufgehängt.

Trotz aller Gewalttätigkeit ist dieses Buch sehr poetisch geschrieben. Das widerspricht sich? Man muss dieses Buch wahrscheinlich erst lesen um zu verstehen, was ich damit ausdrücken möchte. Es ist ein sehr intensives Buch, das einen Leser wie mich aber auch etwas ratlos zurück lässt. Warum gibt Nadia ihre Verschleierung nicht auf? Diese junge Frau, die doch immer nach Freiheit gestrebt hat, die in der Heimat eine eigene Wohnung, die sogar Sex vor der Ehe hatte! Wieso tut sie das? Und wieso wendet sich Saeed immer mehr mit der Religion zu? Weil sie beide entwurzelt sind? Weil die Religion, der schwarze Umhang ein Stück Heimat bedeuten? Eine Lösung bietet das Ende der Geschichte nicht.  

Im Buch geht es übrigens nicht nur um die beiden jungen Menschen. Immer wieder werden kleine Begebenheiten von anderen Menschen von diesem Erdball mit eingeflochten. Menschen, die auch durch eine Tür gehen, die eine Entscheidung getroffen haben, ohne zu wissen, was dann passiert. 

"Exit West" - eine berührende Erzählung über entwurzelte Menschen, die durch Türen gehen, die in der Ferne einen Neuanfang suchen. Sehr lesenswert!





Gebundene Ausgabe
223 Seiten
Verlag: DUMONT





Herzlichen Dank an das Verlagsteam
für dieses Überraschungsbuch!




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