Liebe Lesezeit-Leserinnen und -Leser,
heute stelle ich Euch einen Schriftsteller vor, dessen Buch "Ahrenshooper Todholz" mir in einer kleinen Buchhandlung in Wustrow auf dem Fischland zugeflüstert hat, dass ich es unbedingt mitnehmen soll. Ein Schriftsteller, der allein durch die akadischen Wälder gewandert ist und der ein verloren gegangenes Buch wiedergefunden hat.
Freut Euch mit mir auf ein spannendes Interview, das unheimlich viel Spaß gemacht hat!
Foto: (c) Janina Snatzke |
1. Bist du ein Gefühls- oder ein Kopfmensch?
Bisweilen denke ich, dass ich zumeist recht intuitiv entscheide und handle. Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, dass ich gelegentlich etwas zu verkopft vorgehe.
2. Was ist dein Lieblingszitat?
„Aus der Geschichte der Völker können wir lernen, dass die Völker nichts aus der Geschichte gelernt haben.“ Georg Friedrich Wilhelm Hegel
3. Was kannst du, was die meisten Menschen nicht können?
Tilman Thiemig sein.
4. Woran glaubst du?
An die Sinnhaftigkeit der Schöpfung in der Betrachtung eines Blattes, eines Gesteins oder eines Schmetterlingsflügels.
5. Gibt es eine Erfahrung, die dein Leben nachhaltig verändert hat?
Eine schwierige Wahl, gibt es doch etliche solcher Erfahrungen. Auswählen möchte ich eine gut zweiwöchige Wanderung durch die akadischen Wälder im Nordosten Kanadas. Allein, mit spartanischer Ausrüstung und ohne jeglichen menschlichen Kontakt. Sehr erlebnisintensiv wie wegweisend.
6. Was ist die großartigste wahre Geschichte, die du gehört hast?
Erlebt! So betrieb ich zwischen 2000 und 2013 in Braunschweig ein Krimiantiquariat. Unter den ersten Ankäufen befand sich auch ein Band mit Erzählungen Edgar Allen Poe’s in einer eher seltenen Ausgabe. Beim Anblick des Buches entsann ich mich, ein solches Buch Weihnachten 1977 von meiner Mutter geschenkt bekommen zu haben, das ich aber einige Jahre später während eines übereilten Aufbruches wegen der Räumung des Hüttendorfes auf dem Gelände der Startbahn West dort zurückgelassen hatte. Nun, gut 20 Jahre später schlug ich es auf und was entdeckte ich: die Widmung meiner Ma. Ein wahres Lassie-Buch ...
7. Über welches Thema könntest du einen 30-minütigen Vortragen halten, ohne jede Vorbereitung?
Zu Themen aus den Bereichen Literatur, Geschichte, Regionalhistorie, Theater und Kunst fällt mir schon so manches ein, über das ich spontan etwas länger plaudern könnte. Ich war einst ein recht fauler Student (Germanistik, Volkskunde und Geschichte) und habe meine Referate zumeist freihändig und improvisierend gehalten. Das hat geschult.
8. Wie sieht die Zukunft aus?
Für mich persönlich zuversichtlich. Und, ungeachtet meiner gewissen Skepsis gegenüber den von mir nur bedingt zu beeinflussenden Entwicklungen in größeren Zusammenhängen, sehe ich dem Morgen, Übermorgen gelassen entgegen. Angst ist meines Erachtens grundsätzlich ein schlechter Berater.
Foto: (c) Angelika Soluk |
9. Bei welchem Ereignis der Geschichte wärest du gerne dabei gewesen?
Sehr gerne hätte ich Alexander von Humboldt auf seiner großen Amerika-Forschungsreise und den drei Expeditionen zwischen 1799 und 1804 begleitet.
10. Was magst du an anderen Menschen?
Humor und die Gabe, über sich lachen zu können. Und wenn sie angenehm riechen.
11. Was würde mich an dir überraschen?
Womöglich die Tatsache, dass mich vor gut 40 Jahren Mitglieder der RAF anwerben wollten. War eine hochspannende und richtig konspirative Aktion, die jedoch dazu geführt hat, dass ich mich aus dem aktiven politischen Treiben jener Jahre inclusive Hausbesetzungen, Demonstrationen und Silvesterkrawallen gänzlich zurückgezogen habe.
12. Wenn du ein Video von einer Situation aus deinem Leben haben könntest, welche Situation wäre das?
Ich habe einmal vor Jahren an einem Heiligen Abend als organisierter Weihnachtsmann gearbeitet und gleichsam im Akkord rund 15 Familien aus den unterschiedlichsten sozialen Milieus besucht. Ein aberwitziges Spektrum an Beobachtungen von der leicht angetrunkenen alleinerziehenden Mutter mit zwei kleinen Kindern in engster Sozialwohnung bis zum Manager mit Gründerzeitvilla, der Sohn und Gattin mit Geschenken überschüttet hat, ohne von ihnen gemocht zu werden.
13. Wie sieht für dich die perfekte Entspannung aus?
Entspannen finde ich anstrengend. Am ehesten gelingt es mir bei der Gartenarbeit oder bei Waldgängen mit unserem Dackel.
14. Erscheinst du normalerweise eher zu früh oder zu spät?
Zu 99 Prozent zu früh. Und das aus Überzeugung, da ich es nicht mag, auf Menschen warten zu müssen.
15. Hast du schlechte Angewohnheiten?
Etliche. Zum Beispiel bin ich überzeugter Raucher.
16. Es ist eine Woche lang Stromausfall und dein Handy hat auch keinen Akku mehr. Was würdest du in dieser Woche tun?
Für mich kein Grund zur Verzweiflung. Insbesondere auf das Handy könnte ich gut und gerne verzichten, da ich meines kaum benutze.
Foto: (c) Angelika Thiemig |
17. Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Gesalzene Butter. Ich bin ein Freund des klassischen Butterbrotes.
18. Wenn du drei geschichtliche Personen zum Essen einladen könntest, welche wären das?
Ernst Jünger, E.T.A. Hoffmann und Arno Schmidt.
19. Nenne uns deine drei Lieblingswörter!
Schwanengesang, Metamorphose und Rittersporn.
20. Welches Buch liegt neben deinem Bett?
Oben auf dem Stapel wartet „Der Halbbart“ von Charles Lewinsky.
21. Wenn dein Leben ein Buch wäre, welchen Titel würde es haben?
Erkenne, was Du bist.
Also die leicht abgewandelte Übersetzung des altgriechischen Gnothi seauton.
22. Beschreibe dich in drei Worten!
Kurzweilig. Kurzbeinig. Kurzatmig.
Lieber Tilman, ganz, ganz herzlichen Dank für dieses phantastische Interview!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen