Montag, 21. Juli 2014

Das Montags-Interview mit Micaela Jary!

Liebe Lesezeit-Leserinnen und -leser,

heute stelle ich Euch eine Autorin vor, die es liebt, in alte Zeiten zu versinken, die Daphne du Maurier und Pasta in allen Variationen mag und die wie ich den Darß liebt. Freut Euch mit mir auf Micaela Jary! Und sorry für das verspätete Erscheinen. Es gab technische Probleme.



Informationen zur Autorin

Name: Micaela Jary
Alter: Am 29.7. werde ich 58 Jahre alt. Das ist kein Geheimnis, aber ich hänge mein Alter inzwischen nicht mehr gerne an die große Glocke. Fast 60 klingt so alt – und das bin ich überhaupt nicht.
Wohnort: München und Berlin
Familienstand: verheiratet, eine Tochter




Wann hast du angefangen zu schreiben?
Als ich schreiben lernte. Davor habe ich meinen Puppen Geschichten erzählt.


Und wolltest du schon immer schreiben?
Ja, klar. Schreiben ist für mich wie atmen – ohne geht es nicht.


Was wolltest du als Kind werden?
Schriftstellerin. Nun ist das allerdings nicht ganz so versponnen, wie es das auf den ersten Blick sein mag. Mein Vater war Filmkomponist, ich bin in der Welt der erfundenen Geschichten aufgewachsen. Zum Freundeskreis meiner Eltern gehörten deshalb viele Drehbuchautoren und Schriftsteller, die meine Ambitionen übrigens auch überraschend ernst genommen haben. Mein absolutes Lieblingsbuch als Kind war „Das doppelte Lottchen“ – und ich bin sehr dankbar, dass ich Erich Kästner noch persönlich kennenlernen durfte.


Gibt es ein Leben vor dem Autorendasein?
Irgendwie nicht. Es gab natürlich ein Leben vor meiner Schriftstellerkarriere, aber das war damals so ausgerichtet, dass es zu den Romanen führen würde. Ich habe als Journalistin gearbeitet, was ja auch ein Autorendasein ist.


Was inspiriert dich zu deinen Geschichten?
Mal war es ein Gemälde, dann eine kleine Zeitungsnotiz oder eine Geschichte, die mir meine Tochter erzählte, mal ein Film. Auch wenn ich für einen Roman recherchiere, finde ich oft Hinweise auf einen neuen Stoff. Ich denke, man muss nur mit offenen Augen und interessiert durch’s Leben gehen, um auf immer neue Themen zu stoßen.


Wie entstehen sie?
Da ist erst einmal eine Grundidee, die ich anfange zu recherchieren. Dann versuche ich ein Gerüst aus Fakten zu erstellen, um das ich eine Geschichte baue. Aus den Gegebenheiten des Themas ergeben sich in der Regel schon zwingend eine Rahmenhandlung und die Figuren, die für eben jene Fakten stehen. Darum baue ich meine Handlung weiter aus, lese mich in das Thema tiefer ein. Da sich meine Romane immer sehr nah an den Realitäten einer bestimmten Epoche bewegen, ergibt sich der Rest fast wie von selbst. Und wenn die handelnden Personen während des Schreibens ein Eigenleben entwickeln, ist das ein unschätzbar großes Glück.


Wie kam Dir die Idee zu deinem aktuellen Buch?
Die Grundidee ist über 40 Jahre alt. Als Teenager meinte ich, die Geschichte einer Hamburger Reedersfamilie aufschreiben zu müssen. Damals waren Familiensagas schon in Mode. Meine Idee war mehrbändig angelegt und umspannte den Zeitraum zwischen dem Hamburger Brand 1842 bis zur Sturmflut 1962. Die Geschichte ist nie fertig geschrieben und auch nie veröffentlicht worden, das ursprüngliche Manuskript ging bei einem Umzug verloren. Als mich aber meine Agentin vor zwei Jahren auf eine Geschichte ansprach, die wie Downton Abbey sein sollte, rannte sie bei mir offene Türen ein. Schließlich hatte ich meine Idee von damals nicht vergessen. Mit meiner heutigen Erfahrung baute ich dann eine neue Handlung auf dem alten Gerüst. Das heißt unter anderem: Die Figuren tragen dieselben Namen, wohnen in dem Gebäude, das mir als Sechzehnjährige schon so gut gefiel.





Gibt es auch schon mal biografische Elemente?
Ich denke, jede Protagonistin hat irgendwo etwas von einem selbst. Am meisten trifft das auf Anna im „Bild der Erinnerung“ zu, deren Leben als alleinerziehende Mutter meinen persönlichen Erfahrungen sehr nahe kommt. In „Das Haus am Alsterufer“ habe ich meinen Hauptpersonen Wohnungen gegeben, in denen ich aufgewachsen bin: Die St. Benedictstraße 9 in Hamburg und die Türkenstraße 106 in München. Außerdem schleichen sich in meine Romane immer mal wieder männliche Helden, deren Beschreibung auf meinen Mann zutrifft.


Wo schreibst du und hast du feste Schreibzeiten?
Ich wünschte, ich könnte wie Hemingway in einem schönen Café sitzen und dort schreiben. Leider klappt das nicht, schon allein deshalb, weil ich bei meinen historischen Stoffen mit sehr viel Basismaterial - auch antiquarischen Büchern - arbeite. Das heißt: Ich brauche meinen Schreibtisch. Die Schreibzeiten ergeben sich aus meinem Alltag, dem Berufsleben meines Mannes und den Bedürfnissen meines Hundes. In der Regel schreibe ich ab morgens neun oder zehn Uhr und dann bis in den frühen Nachmittag. Nach allerhöchstens sechs Stunden ununterbrochen am Computer bekomme ich physische Probleme, also Kopfweh, Nacken-, Schulter-, Kreuzschmerzen – und mein Hund muss dringend raus. Es kommt aber auch schon mal vor, dass ich um fünf Uhr aufstehe und dann in der absoluten Stille des Morgens wunderbar schreibe. Das passiert aber eher selten, da ich kein Frühaufsteher-Typ bin.


Was macht dir am meisten Spaß beim Schreiben?
Ich liebe es, in andere Zeiten zu versinken, mir zu überlegen, wie es dann und dann gewesen sein könnte. Ich liebe Geschichte und alles, was alt ist, Möbel, Bücher, Bilder, Schmuck, Häuser, sogar Steine. All diese Stücke erzählen historische Geschichten, die meiner Ansicht nach in irgendeiner Weise bewahrt und weitergetragen werden sollten.


Kennst du Schreibblockaden und wenn ja, wie gehst du damit um?
Meistens stimmt etwas nicht mit meiner Geschichte, wenn ich nicht mehr weiter komme. Dann hilft ein langer Spaziergang mit meinem Hund oder eine Shopping-Tour mit meiner Tochter, irgendetwas, das mich ablenkt, aber mir auch neue Ideen gibt. Wenn ich Polly um die Bäume gehe, denke ich anders nach als zuhause; wenn ich mit Jessica unterwegs bin, reden wir. Richtige Schreibblockaden, die an Burnout erinnern oder sogar darin enden, kenne ich nicht (toi, toi, toi – klopfe auf Holz!).


Wer sind deine ersten Probeleser?
Meine ersten Leser sind meine Agentin und meine von mir sehr geschätzte Außenlektorin, aber das sind eigentlich keine Probeleser, oder?




Wie wichtig sind Dir Rezensionen und Rankinglisten?
Ich finde den Kontakt zu Leserinnen und Lesern sehr wichtig. Social Media macht aus dem recht einsamen Schriftstellerdasein einen kommunikativen Job, was ich sehr schätze. Rezensionen sind mir als Feedback meiner LeserInnen daher sehr wichtig. Letztlich haben sie aber wohl leider ebenso wenig Aussagekraft über die tatsächlichen Verkaufszahlen eines Buchs wie die Rankinglisten. Dennoch schaue ich ständig nach und freue mich riesig, wenn etwa „Das Bild der Erinnerung“ zehn Monate nach Erscheinungstermin noch immer im vierstelligen Bereich bei Amazon liegt.


Hast du selbst ein Lieblingsbuch, einen bevorzugten Autor?
Meine „Karriere“ als Autorin historischer Romane begann als Teenager mit der Lektüre von „Vom Winde verweht“ von Margaret Mitchell und vor allem „Des Königs General“ von Daphne du Maurier. Ich liebe die Romane von Daphne du Maurier.


Welche Bücher liest du selbst? 
Im Moment lese ich die deutschsprachigen Neuerscheinungen, die für den DeLiA Literaturpreis 2015 eingereicht werden, da ich zur Jury gehöre. Aber auch sonst betreibe ich viel Konkurrenzbeobachtung, weil ich wissen möchte, was auf dem Markt angeboten wird. Es ist mir unverständlich, wenn Autoren sagen, sie lesen wenig bis gar nicht, was es sonst so gibt. Hey, jeder Bäcker probiert die Brötchen bei seinem Nachbarn!


Welches Genre bevorzugst du?
Wie gesagt, im Moment lese ich alles, was irgendwie ein Liebesroman ist. Zur Abwechslung mag ich aber auch ganz gerne Krimis, allerdings nicht die blutrünstige Variante. Mein Geschmack im Bereich Spannungsliteratur geht in Richtung von Büchern wie etwa von Deborah Crombie.


Welches wird dein nächstes Projekt sein oder ist es noch geheim?
Ich kann soviel sagen, dass es ein Roman wie „Das Bild der Erinnerung“ sein wird. Eine Geschichte also, die in die Vergangenheit und in die 1940er Jahre führt. Es ist ein sehr interessantes Thema, das es so erstaunlicherweise noch nicht gibt. Erscheinungstermin wird irgendwann ab Mai 2015 sein, Details erfahre ich im September nach den Verlagskonferenzen für das entsprechende Programm.


Wird man dich auf der nächsten Buchmesse antreffen?
Nein, leider nicht. Dafür aber an anderen Orten. Zum Zeitpunkt der Frankfurter Buchmesse 2014 bin ich auf Lesereise in Schleswig-Holstein.


Viele Autorinnen besitzen ein Haustier. Gibt es dafür eine Erklärung?
Bei mir ist das ganz einfach: Mich gibt es nicht ohne Hund! Als ich geboren wurde, hatte mein Vater drei Chow-Chows, ein paar Jahre später züchtete meine Mutter Riesenschnauzer. Ich hatte immer einen Hund. Jetzt ist Polly meine Wegbegleiterin, eine AiredaleTerrier-Hündin.


Wie sieht dein Alltag aus?
Morgens erste Hunderunde, wach werden und/oder aufwärmen (je nach Jahreszeit) bei Facebook, Frühstück mit viel schwarzem Tee, dann ran an den Schreibtisch bis zum nächsten Hundespaziergang. Am Nachmittag kaufe ich meist ein, was ich dann abends koche, wenn mein Mann aus seinem Büro nach Hause kommt. Durch meinen Aufenthalt in Frankreich habe ich mir angewöhnt, Lebensmittel in der Regel frisch zu kaufen. Das ist ziemlich aufwendig, aber ich kriege es nur selten hin, auf Vorrat einzukaufen. Außerdem koche ich sehr gerne, das entspannt mich.


Nenn uns dein Lieblingsreiseziel!
Und welche Ecke dieses Erdballs möchtest du unbedingt einmal kennenlernen?
Da mein Leben von einem Hund begleitet wird, ist bei einem Reiseradius von etwa 1500 Kilometern Schluss. Weiter fahre ich nicht mit dem Auto. Ich liebe Frankreich und bestimmte Ecken in Italien wie etwa die Emilia Romagna, aber auch Venedig. In Deutschland hat es mir der Darß angetan und ich fahre gerne nach Sylt. Wenn ich Zeit hätte und keine Verpflichtungen, würde ich auf jeden Fall zuerst nach Sansibar und in den Oman fliegen. Afrika steht insgesamt ganz oben auf meiner Liste. Danach USA und die Karibik, ich würde auch sehr gerne einmal durch Kanada reisen. Als junges Mädchen war ich fasziniert von den Bildern und Berichten über Indien, aber diese Faszination hat sich inzwischen gelegt.


Dein Lieblingsgericht?
Spaghetti, Penne, Farfalle & Co, Nudeln in allen Variationen.


Welche Jahreszeit ist deine?
Von Mai bis Oktober jede. Früher mochte ich mal den Winter, aber inzwischen ist es mir in den meisten Wintermonaten zu kalt.


Hast du Wünsche für die Zukunft? Welche?
Natürlich habe ich die großen Wünsche wie Frieden und Freiheit in der Welt. Für mich persönlich wünsche ich, dass mein Mann und meine Tochter glücklich, zufrieden und gesund sind. Ich hoffe, dass ich auf dieselbe Weise alt werde wie meine Großmutter, die nur die letzten drei Monate ihres Lebens wirklich gebrechlich war und fast 89 Jahre alt wurde. Natürlich wünsche ich mir den Überflieger unter den Bestsellern, Anerkennung für meine Arbeit, viele Leserinnen und Leser. Im Großen und Ganzen bin ich im Moment aber sehr zufrieden und wäre dankbar, wenn alles wenigstens so bleiben könnte, wie es ist. Besser werden kann es natürlich immer.


Wenn es irgendwie machbar wäre, würdest du auch mal nach Hagen kommen und Gast sein bei einer meiner Wohnzimmerlesungen?
O ja, sehr gerne. Warum sollte das nicht machbar sein? Ich brauche nur ein Hotelzimmer, in dem Hunde erlaubt sind.


Wie würdest du dich in einem Satz selbst beschreiben?
Ein unruhiger Geist, ein wenig barock im Geschmack, mit einer unstillbaren Neugier auf gute Geschichten.


Liebe Micaela, herzlichen Dank für dieses wunderbare Interview! 


Seid Ihr neugierig geworden? Falls Ihr nich mehr erfahren möchtet, dann schaut doch mal hier:

www.micaelajary.de

https://www.facebook.com/micaelajary.autorin?ref_type=bookmark

http://www.randomhouse.de/search/searchresult.jsp?ssit=qus&pat=Micaela+Jary&x=13&y=9&pub=1

Und einen wunderschönen Trailer zum neuen Buch gibt es hier:

http://litbits.de/micaela-jary-das-haus-am-alsterufer/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen