Freitag, 31. Mai 2019

"Das geraubte Glück - Zwangsheiraten in unserer Gesellschaft" von Rukiye Cankiran

Interessante Einblicke in die Strukturen sogenannter traditioneller Familien

Wer kennt sie nicht, die Schlagzeilen über Ehrenmorde und Zwangsheiraten? Und wie oft habe ich  mich gefragt, wieso tun die das? Warum verkaufen Eltern ihre Kinder? Warum lassen Mütter es zu, dass ihre Töchter genauso unglücklich werden wie sie selbst? Warum tun vor allen Dingen die Frauen nichts dagegen, wenn ihre angeblich unehrenhaften Töchter von der eigenen Familie ermordet werden? Oft wird es damit abgetan, dass es ja weit entfernt geschieht, in den Herkunftsländern dieser Menschen. Andere Länder, andere Sitten? Zwangsheiraten und Ehrenmorde geschehen jedoch mitten unter uns.

Wenn ich darüber lese, schüttele ich immer wieder mit dem Kopf, kann und will es nicht begreifen. Doch dieses Buch hier zeigt die Hintergründe auf, wieso es immer noch dazu kommt. Diese Menschen stammen aus sehr traditionellen Familien, die ihre Heimat verlassen haben, um in der Ferne Geld zu verdienen. Plötzlich befinden sie sich in einem Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, dessen Kultur sie nicht kennen. Sie kommen mit völlig falschen Vorstellen in das andere Land. Sie müssen Erfolg haben. Die Familie in der Heimat erwartet Geldüberweisungen, Geschenke, Mitbringsel. Die Menschen klammern sich an ihre althergebrachten Traditionen. Ihr Leben unterliegt traditionellen, autoritären und patriarchalischen Strukturen. Hinzu kommt, dass es sich hier oft um Menschen handelt mit weniger bis gar keiner Bildung.

Rukiye Cankiran beschreibt diese familiären Strukturen. Sie zeigt dem interessierten Leser, wie diese Familien ticken und weshalb junge Menschen aus diesen Familien, die hier geboren und aufgewachsen sind, oft so große Probleme haben. Fügen sich die jungen Leute nicht, droht die Familie damit, den Kontakt sofort lebenslänglich abzubrechen. Bei solchen Drohungen schaffen es die meisten jungen Menschen dann doch nicht, sich aus diesen Strukturen zu lösen. Sie ordnen sich unter, werden oftmals depressiv. 

Die Autorin fordert, dass das Problem gemeinsam angegangen werden muss. Da hat sie sicherlich Recht, doch wie soll das geschehen? Diese Familien leben überwiegend in ihren eigenen Welten, abgeschottet. Kinderehen sind hierzulande verboten, doch wer kann das tatsächlich kontrollieren? Und wie soll man dagegen angehen, wenn die Eltern doch der festen Überzeugung sind, ihr Kind nicht zu verkaufen, da sie doch nur das Beste für ihr Kind wollen? 

"Das geraubte Glück" -  ein sehr interessantes Buch, das Einblicke in die Strukturen dieser sogenannten traditionellen Familien gibt. Ein Buch, das nachdenklich stimmt und das hoffen lässt, dass es irgendwann jemanden gelingen mag, diese Strukturen zu durchbrechen. 





Gebundene Ausgabe
192 Seiten
HERDER





Herzlichen Dank an den Verlag, 
dass ich das Buch lesen und vorstellen durfte!



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