Mittwoch, 21. September 2016

"Tage zwischen Ebbe und Flut" von Carin Müller

Ein leises Buch, das den Leser nicht mehr los lässt

Der 70-jährige Felix ist an Alzheimer erkrankt. Sein größter Wunsch war es immer, einmal eine Kreuzfahrt zu unternehmen. Seine Tochter Judith erfüllt ihm diesen lang ersehnten Traum, doch nicht nur Felix und Judith gehen an Bord, auch Felix Ehefrau Ellen und Enkelin Fabienne. Felix Erinnerungen und Gedanken sind wie das Meer und die Wellen – mal angeschwemmt, mal fortgetragen. Was für Felix ein einmaliges Abenteuer zu sein scheint, wird für die drei Frauen zu einer Reise ins eigene Ich.

„Tage zwischen Ebbe und Flut“ - allein schon Titel und Cover haben mich magisch angezogen. Es ist ein Roman, der aus der Masse heraussticht, ganz leise, ganz wunderbar! Es ist die fesselnde und tief bewegende Geschichte des an Alzheimer erkrankten Felix und seiner Familie. Vier Menschen, die an Bord eines Segelschiffes gehen und zu einer Kreuzfahrt aufbrechen. Vier Menschen, alle mit ihren eigenen Problemen.

Da ist Felix, der sehr an seiner Krankheit zu leiden hat. Als Leser spürt man förmlich den Schmerz und die Verzweiflung, wenn er wieder einmal nach Worten sucht, die ihm einfach nicht einfallen wollen. Felix ist traurig. Felix ist wütend.

Dann ist da seine Frau Ellen, die immer und in jeder Situation versucht, die Haltung zu bewahren. Ellen, die sich nach dem alten Felix sehnt, den sie so liebt. Doch der kranke Felix ist oft abwesend, vergisst, wird wütend. Ellen tut alles für ihn, doch mit den Zeilen spürt man, wie verzweifelt sie eigentlich ist, wie ihr alles zu viel wird.

Judith, die gemeinsame Tochter, die ihrem Vater sehr nahe steht, zu ihrer Mutter aber kein besonders gutes Verhältnis hat. Immer wieder wirft sie ihrer Mutter vor, sie würde über den Vater bestimmen, ihn bevormunden, ihn nicht ernst nehmen. Doch wer weiß besser, als die Frau an Felix Seite, wie er wirklich ist?

Zum guten Schluss Enkelin Fabienne, die mitten in der Pubertät steckt und so ihre eigenen Probleme hat. Sie geht noch am lockersten mit Felix um, nimmt ihn einfach so, wie er ist.

„Tage zwischen Ebbe und Flut“ - ein großartiges Buch, das auf seine eigene Art und Weise den Leser fesselt und nicht mehr los lässt. Eine Geschichte, wie sie in jeder Familie passieren kann. Eine Geschichte, die zeigt, wie schwer es ist, mit dieser Krankheit zu leben. Carin Müller setzt sich sehr einfühlsam mit dem Thema Alzheimer auseinander, ist ihr eigener Vater doch selbst auch betroffen. Es ist eine Geschichte, die aufwühlt und doch ist sie so wunderbar leicht erzählt.

„Tage zwischen Ebbe und Flut“ - es ist eines dieser Bücher, die den Leser zum Weinen, aber auch zum Lachen bringen. Und ganz nebenbei begleitet man die Roman-Personen auch noch auf eine wunderschöne Kreuzfahrt. Ich würde am liebsten sofort losfahren und all die wunderbaren Orte selbst besichten!

Danke für diese wunderschöne Geschichte, die mich noch sehr lange beschäftigen wird!
 
 
 
 
Taschenbuch
284 Seiten
Verlag: KNAUR
 
 
 
 
Herzlichen Dank an Patricia Keßler vom Verlag Knaur,
dass ich wieder einmal so einen wunderbaren Roman
lesen und besprechen durfte!





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