Sonntag, 15. April 2018

Autoren-Interview Spezial mit Bettina Storks

Ihr Buch "Das geheime Lächeln" habe ich eher durch
Zufall entdeckt. Das Cover hat mich sofort angesprochen,
mich neugierig gemacht. Und dann hat mich dieses Buch
nicht mehr los gelassen. Es hat mich von der ersten bis zur
letzten Seite gefangen genommen. 

Und dann kam die Idee, endlich mal wieder ein Autoren-Interview zu machen. Dieses Interview hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht. Und nun wünsche ich Euch viel Vergnügen beim Lesen!






Deine Geschichte über die Journalistin Emilia Lukin und das Portrait ihrer Großmutter mit dem geheimen Lächeln hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Wie bist du auf diese Geschichte gekommen?

Alles fing mit dem Porträt-Gemälde von der Großmutter einer guten Freundin an. Was wäre, wenn die Enkelin auf ein Gemälde stößt und mit den dunklen Flecken ihrer Familiengeschichte konfrontiert wird? Die Heldin hat viele Fragen, aber die Familie schweigt. Ihre Ehe ist angeknackst, die erwachsenen Söhne aus dem Haus, die Mutter psychisch krank - eine ziemlich sensible Ausgangssituation. Ich weiß, welche Kraft das Schweigen hat. Jede Geschichte beginnt mit einem Satz, der eine Kette nach sich zieht. In diesem Fall war es ein echtes Gemälde. 


Du entführst deine Leser abwechselnd nach Paris und in den Lubéron. Mein Mann und ich haben uns vor einer gefühlten Ewigkeit auf dem Place des Vosges in Paris verlobt! Bei deinen Beschreibungen über das Marais-Viertel habe ich mich gefühlt, als sei ich endlich wieder einmal dort gewesen. Hast du ein Geheimrezept, dass man sich beim Lesen vorkommt, als sei man selbst dort?

Glückwunsch zu einem solchen Verlobungsort! 

Vielleicht spüren die Leser, dass ich die Orte, die ich beschreibe, sei es eine Straße, eine Stadt, eine Landschaft, ein Haus oder eine Wohnung persönlich kenne. Ich schreibe nur über Orte, die ich mit eigenen Füßen betreten habe. Ich selbst muss alle Sinne  einsetzen, will ich diese bei meinen Lesern wecken. Am Ende geht es um die Gefühle, die bei meiner Protagonistin ausgelöst werden, wenn sie auf einer Bank sitzt und ihr Blick auf den leeren Springbrunnen fällt. Die Place des Vosges an einem Wintertag hat ihren ganz eigenen Charme. 


Genau so habe ich empfunden. Ich habe neben Emilia gesessen und zugeschaut, wie sie die Katzen gefüttert hat.

Mit deinen Protagonisten lernt man auch das Pariser Künstlerleben der 30er Jahre kennen. Ich finde diese Zeit mit all den Künstlern und ihren Werken faszinierend. Spinnen wir doch mal ein bisschen rum. Wenn man eine Zeitreise machen könnte, welchem Künstler würdest du gerne über die Schulter schauen?

Also, da muss ich nicht lange drüber nachdenken - einem Schriftsteller natürlich. Da gibt es allerdings viele, die ich gerne kennengelernt hätte. Vielleicht Flaubert? Oder Sartre? Joseph Roth? Simone de Beauvoir? Wenn du mir allerdings einen Besuch in Picassos Atelier anbietest, da sag ich bestimmt nicht nein. 





Welche der Hauptfiguren deines aktuellen Romans ist dir die liebste und welche hat dir die meisten Kopfschmerzen bereitet?

GUTE GUTE Frage, Monika! Diesmal eine längere Antwort: 

Meine Lieblingsfiguren waren von Anfang an Jean-Pierre und Sophie. Sie, die trotz ihrer unterschiedlichen Biographie doch viele Parallelen aufweisen. Früh schon haben sie Schmerz und Ausgrenzung erfahren - das Defizit ist ihr gemeinsamer Nenner. Am meisten Kopfschmerzen verursachte mir in der Tat Emilia - ich musste mich fragen: Wie ist eine Frau gestrickt, die ihre Großmutter nie kennengelernt hat, die sich aber mit deren Problematik identifiziert? Was war in Emilias Kindheit los? Der Schlüssel lag in der Geschichte von Emilias Mutter, die ihrerseits massiv unter dem „Mutter-Entzug“ gelitten hat. Defizite pflanzen sich ja (leider) in Familien oftmals fort. Sie mögen andere Symptome zeigen - das Thema bleibt. Hat Emilia deshalb einen Mann gewählt, der klar und zuverlässig ist? Bringt sie Vladis Fremdgehen genau deshalb derart aus ihrer Balance? Ich glaube, ja. Figurenentwicklung bedeutet in erster Linie Charakterstudie. Ich kenne die größten Geheimnisse meiner Protagonisten, auch wenn ich diese nie für den Plot brauche - sie stehen auf meinem Charakter-Spickzettel. 


Da du Frankreich so anschaulich schilderst, bist du oft dort?

Ja, ich habe sogar mal dort gelebt. In der Bretagne (die ich LIEBE) und für kurze Zeit in Paris. Eigentlich wollte ich in Paris studieren - dann bekam ich aber Heimweh und so landete ich an der Uni in Freiburg…. Heute verbringe ich viel Zeit in Frankreich. Ich träume ja von einem winzigen Häuschen in der Drôme - wer weiß…..


Freiburg ist ja auch nicht verkehrt und leben tust du doch jetzt am Bodensee. Auch noch so ein Sehnsuchtsziel von mir. Bisher bin ich nur lesetechnisch dort gewesen. Was ist dein Sehnsuchtsziel, wenn es um Urlaub geht?

Frankreich - die Bretagne (genauer: das Finistère), der Lubéron, die Drôme. Der Blick auf die französischen Alpen bei Annecy. Bin ich frankophil? 


Nur ein wenig vielleicht. Lach!

Du hast als Redakteurin gearbeitet. Das Schreiben lag dir also schon immer im Blut? Wie kam es dann zu deinem ersten Roman?

Journalistisches Schreiben ist etwas völlig anderes, als kreativ zu schreiben. Eine befreundete Astrologin schenkte mir vor zehn Jahren ein Horoskop - das hat mich wirklich verblüfft, was sie sagte. Sie meinte, ich MÜSSE unbedingt kreativ schreiben. Das Talent sei sozusagen angelegt. Da hab ich mich hingesetzt und über einige Monate einen 500-Seiten-Roman geschrieben. Für einen Auszug bekam ich ein Stipendium vom Deutschen Schriftstellerverband. Die Auszeichnung blieb - aber der Roman liegt noch heute in meiner Schublade. Dann hab ich mein Debüt geschrieben „Das Haus am Himmelsrand“ - es wurde auf Anhieb Spitzentitel beim heutigen Berlinverlag, damals Bloomsbury. So fing also alles an. 





Wer sind deine ersten Probeleser?

Eine enge Freundin, die Historikerin ist. Eine Leserin, mit der ich mich angefreundet habe. Sie ist Französisch-Lehrerin. Eine Deutsch-Lehrerin. Eine Bloggerin. Mein Mann (Historiker). Und dann noch zwei völlig Fremde. Ich habe ein Prinzip: Ich treffe mich mit meinen Testlesern persönlich und bespreche die Feinheiten. Dann gehe ich mit meinen Notizen nach Hause und überarbeite das Manuskript. Konstruktive Kritik ist großartig. 


Hast du schon ein neues Projekt oder ist das noch geheim?

Ich habe immer ein Projekt. Wenn ich nicht arbeite, bin ich nicht ich selbst. Und du bist die erste, die es erfährt: Der neue Roman spielt in Paris, Besatzungszeit 1940. Eine Liebesgeschichte zwischen einem Franzosen und einer Deutschen. Über 70 Jahre später kommt ans Licht, was die beiden verbunden hat und was sie getan haben. Oder was sie nicht getan haben? 


Oh, das ist meins! Das weiß ich jetzt schon! Jetzt verrate uns doch noch, welche Bücher du selbst liest, welches Genre.

Belletristik, gerne literarisch angehaucht. Meine Lieblingsbücher: Zaruya Shalev „Schmerz“, Anthony Doerr „Alles Licht, das wir nicht sehen“,  Jorge Semprun „Die große Reise“ und nicht zuletzt Irvin Yalom „Und Nietzsche weinte“. 


Wir Leserinnen und Leser sind ja neugierig und möchten auch andere Dinge wissen. Welche Jahreszeit ist denn die deine?

Herbst und ich mag den Winter mit Schnee. Ich halte auch gut einen wolkenverhangenen Himmel aus. 






Was bedeutet dir Zeit?


Das ist ja eine sehr persönliche Frage! Sagen wir, ich nutze sie gerne mit Menschen, die ich liebe, die ich mag. Ich nutze sie zum Schreiben. Zum Lesen. Ich bemühe mich, meine Zeit nicht zu vergeuden. Sich über Dummheiten zu ärgern zum Beispiel - das lohnt sich nicht! 


Und wie definierst du Glück?

Das können Kleinigkeiten sein, aber natürlich auch die ganz großen Gefühle. Zu einer „Glücks-Konstanten" hat sich das Schreiben in meinem Leben entwickelt. Selbst in Phasen der Frustration weiß ich, dass es irgendwann wieder Licht am Ende des Tunnels gibt. In der Summe staune ich bei jedem Roman über das unerhörte Glück des Schreibens.


Als Letztes beschreibe dich selbst in einem Satz!

Bettina ist ehrgeizig, sehr gefühlsbetont und extrovertiert und sobald sie schreibt, zieht sie sich zurück in die Welt der Fantasie. 


Liebe Bettina, ganz, ganz herzlichen Dank für dieses tolle Interview! Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, ein Weilchen mit dir zu plaudern.

Mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht, liebe Monika. Danke für die tollen Fragen!



Euch, lieben Lesern darf ich schon jetzt verraten,
dass ich in wenigen Tagen das wunderbare Buch
"Das geheime Lächeln"
auf der Facebookseite Romanwelten
verlosen werde! Schaut einfach mal vorbei!









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