Sonntag, 20. September 2020

"So weit die Störche ziehen" von Theresia Graw

Lese-Entdeckung 2020!

Dora Twardy ist eine junge Frau, die gut behütet auf einem Gestüt in Ostpreußen aufwächst. Sie liebt das Leben und schöne Kleider. Sie tanzt gerne, sie reitet für ihr Leben gerne aus, doch dann bricht der Krieg aus. Während der Vater, Bruder Hans und ihr geliebter Wilhelm, ein Freund aus Kindertagen, eingezogen werden, geht das Leben auf dem Gut weiter seinen Gang. Vom Krieg ist hier nur wenig zu spüren. 

Als Doras Tante verstirbt, schickt ihre Mutter sie nach Königsberg, damit sie dem Onkel im Haushalt und mit den Kindern unterstützt. Hier lernt sie den abenteuerlustigen Fotografen Curt von Thorau kennen - und verliebt sich in ihn, doch was ist mit Wilhelm, ihrer großen Liebe? 

Der Krieg kommt immer näher, ist immer schonungsloser. Schließlich begreifen auch die Twardys, dass sie flüchten müssen, wollen sie nicht den Russen in die Hand fallen. Es gibt nur noch einen Weg und der führt über die vereiste Ostsee. Der Weg führt vorbei an entkräfteten Menschen, an toten und erfrorenen Kindern und Alten. Sie erleben die Beschießung des Flüchtlingstrecks, doch die Twardys kommen zu spät. Die Ostsee taut, das Eis bricht ein. Sie kehren um und finden ein verwüstetes Gut vor. 

Nach all dem Grauen, das sie auf ihrer Flucht und Rückkehr erlebt haben, wollen sie das Gut wieder aufbauen, doch Ostpreußen gehört inzwischen nicht mehr zu Deutschland. Die Zwangsumsiedlung droht. 

"So weit die Störche ziehen" - ist eine fesselnde und tief bewegende Geschichte. Alles andere, als "nur" eine Liebesgeschichte in Kriegszeiten, wie der Text zum Buch vielleicht vermuten lässt. Mit großer erzählerischer Kraft und viel Einfühlungsvermögen gelingt es Theresia Graw den Leser an die Geschichte zu fesseln. Spannend zu lesen, wie es der Autorin gelingt den Bogen zu spannen von der jungen und lebenslustigen Dora zu der Dora, die von einem auf den anderen Tag erwachsen wird, die sich dem brutalen Krieg stellen muss. Vor dem inneren Auge läuft ein Film ab. Theresia Graw scheut sich auch nicht, die Grauen des Krieges zu schildern. Man spürt die Angst, das Entsetzen. 

"So weit die Störche ziehen" - wer das Buch gelesen hat, wird es so schnell nicht wieder vergessen. Nur wenige Autoren verstehen es auf diese Art und Weise, Orte und Begebenheiten dem Leser so nahe zu bringen. Man spürt, wie sehr sich Theresia Graw mit der Zeit auseinandergesetzt hat. Ein großartiges Buch und definitiv eines der stärksten Romane, die ich in diesem Jahr gelesen habe! Absolute Lese-Empfehlung!




Taschenbuch

640 Seiten

ullstein



Liebe Theresia, ganz, ganz herzlichen Dank für dieses Buch! 

Ich freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung 

und eigentlich kann ich sie kaum noch erwarten! 



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