Montag, 30. Juni 2014

Das Montags-Interview mit Heidi Rehn!

Liebe Lesezeit-Leserinnen und -leser,

heute darf ich Euch wieder eine ganz besondere Autorin vorstellen. Es ist Heidi Rehn. Viel Vergnügen beim Lesen!


Informationen zur Autorin

Name:Heidi Rehn
Alter: „Eine Frau bleibt immer 39“ (Coco Chanel), demnach bin ich jetzt im 9. Jahr 39 ;-)
Wohnort: München
Familienstand: glücklich verheiratet und zwei Kinder



Foto copyright by Erol Gurian


Wann hast du angefangen zu schreiben?
Schon lange, bevor ich es eigentlich konnte, denn ich hatte immer schon den Kopf voller Geschichten, die ich nicht nur erzählen, sondern unbedingt auch aufschreiben wollte. Also habe ich zum Verdruss meiner beiden älteren Geschwister wild drauf losgekritzelt, sobald ich einen Stift halten konnte. Manchmal habe ich dabei ein Heft oder ein Notizbuch von ihnen erwischt, was sie nicht so begeistert hat. Mit Eintritt in die Schule wurde es für meine Mitmenschen dann schlagartig leichter, meine Geschichten nachzulesen, weil ich dann endlich so schreiben konnte wie alle anderen auch. 
Gegen Ende meiner Schulzeit habe ich dann begonnen, journalistisch zu schreiben, was ich sehr, sehr lange gemacht habe. Meinen ersten richtigen Roman habe ich dagegen sehr spät geschrieben – und tatsächlich auf Anhieb bei einem renommierten Verlag (Rowohlt) unterbekommen! Er erschien im Jahr 2000. Somit habe ich passend zur Jahrtausendwende auch meine Karriere als Romanautorin richtig gestartet.

Und wolltest du schon immer schreiben?
Seit ich mich erinnern kann, stand für mich fest, dass ich etwas mit Schreiben machen werde, allerdings, wie oben erwähnt, lange noch nicht, dass ich Romane schreiben würde. Das kam erst später.

Was wolltest du als Kind werden?
Sekretärin oder Journalistin, je nachdem, in welchem Beruf man mehr hätte schreiben dürfen....

Gibt es ein Leben vor dem Autorendasein?
In den letzten Jahren meiner Schulzeit habe ich bereits begonnen, für Lokalzeitungen zu schreiben. Während meines Studiums habe ich das auf Kulturzeitschriften ausgedehnt, eine Weile dann aber auch als Ghostwriterin für einen „Klatschreporter“ für die Yellow Press geschrieben (was übrigens sehr viel Spaß gemacht hat). Nach dem Examen habe ich erst als Dozentin an der Uni und anschließend einige Jahre als Beraterin in einer PR-Agentur gearbeitet, bevor ich wieder hauptberuflich freie Journalistin und schließlich Autorin wurde.

Was inspiriert dich zu deinen Geschichten?
Eigentlich alles. Ich fahre U-Bahn und stoße dort auf Gesichter, die mir eine Geschichte erzählen, im Urlaub entdecke ich eine interessante Gegend, die mich inspiriert, ich höre oder lese etwas über eine Epoche und schon weiß ich, wie ich das zu einer Geschichte verarbeiten kann... Manchmal ist das ganz schön anstrengend, weil da einfach zu viel gleichzeitig in meinem Kopf herumspukt. Einen Roman zu schreiben dauert leider eben doch weitaus länger, als sich eine Geschichte auszudenken und im Kopf herumzuwälzen....

Wie entstehen sie?
Sie spuken, wie gesagt, lange in meinem Kopf herum. Ich lese dann viel, um mich über die Hintergründe zu informieren, reise an die Orte, an denen die Geschichten spielen, schaue mir Bilder, Fotos, Filme an, bis irgendwann ein Signal da ist, dass ich jetzt anfangen sollte, all diese Ideen und Handlungsstränge in einem Exposee festzuhalten.

Wie kam Dir die Idee zu deinem letzten Buch?
Die Idee zum „Sommer der Freiheit“, der jetzt im Juli erscheint, begleitet mich schon sehr viele Jahre. Das frühe 20. Jahrhundert ist meine persönliche Lieblingszeit, über die ich sehr, sehr gern lese und natürlich dann auch selbst schon immer einmal etwas schreiben wollte. Mein Großvater hat als Kind noch zu Kaisers Geburtstag in der Schule singen müssen, das hat mich immer sehr beeindruckt. Diese Zeit in einen Roman zu packen, damit ist ein lang gehegter Traum endlich in Erfüllung gegangen.




Gibt es auch schon mal autobiografische Elemente?
Letztlich bin ich überzeugt, dass man immer nur über das schreiben kann, was man selbst kennt. Aber das heißt nicht, seine eigene Geschichte aufzuschreiben, sondern die Welt so darzustellen, wie man sie erlebt und in seinem Kopf verarbeitet. Für mich bedeutet das, Geschichten zu erfinden, die mich selbst berühren und sehr beschäftigen, schließlich verbringe ich einige Monate damit allein am Schreibtisch. Dabei fließt dann auch schon einmal das ein oder andere ein, was ich in ähnlicher Form erlebt habe oder was eine mir nahestehende Person so einmal erfahren hat. Richtige Geschichten aus meinem Leben sind es aber streng genommen nicht, weil ich das ja in andere Epochen hinüberschicke.

Wo schreibst du und hast du feste Schreibzeiten?
Ich schreibe an einem ganz besonderen Schreibtisch, den mein Großvater, der Zimmermann war, mit Mitte achtzig nach meinen Vorstellungen und Bedürfnissen für mich gezimmert hat. Dadurch ist mein Opa bis heute immer bei mir, denn er war auch einer der ersten, die sich früher meine Geschichten anhören mussten. Meine festen Schreibzeiten sind immer vormittags und spätnachmittags. Es hilft mir sehr, in diesem Rhythmus zu stecken. Das sind quasi meine täglichen Dates mit meinen Figuren und Geschichten, auf die ich mich  morgens beim Aufstehen schon freue.

Was macht dir am meisten Spaß beim Schreiben?
Alles. Ich liebe es, mit meinen Figuren zu leben. Sie begleiten mich durch den ganzen Tag bis in meine nächtlichen Träume hinein. Es ist sehr aufregend, sie mit jeder Zeile besser kennenzulernen und ihre Geschichten aufzuschreiben, dabei immer wieder festzustellen, dass sie sich oft völlig anders entwickeln als ursprünglich gedacht. Außerdem liebe ich es, mit Sprache umzugehen, nach dem passenden Wort oder Ausdruck und dem besten Satz zu suchen sowie mich damit zu beschäftigen, ob das in die Zeit, in der mein Roman spielt, auch wirklich gut hineinpasst oder zu modern oder zu altbacken klingt.

Kennst du Schreibblockaden und wenn ja, wie gehst du damit um?
Richtige Blockaden kenne ich bislang zum Glück nicht. Aber natürlich habe ich zwischendrin immer wieder mal Momente, in denen es stockt oder ich merke, da stimmt jetzt etwas nicht, das muss irgendwie anders funktionieren. Am besten hilft mir dann, an die frische Luft zu gehen, zu walken, zu radeln und dabei den Kopf frei zu bekommen. Bislang hat das noch immer geholfen.

Wer sind deine ersten Probeleser?
Ich habe zwei sehr enge Freundinnen, die ich seit dem Studium kenne und die sehr, sehr früh meine Manuskripte lesen und mir ein ehrliches Feedback dazu geben. Das ist mir sehr wichtig, denn mir fehlt der nötige Abstand, um rechtzeitig zu merken, wie etwas beim Leser wirklich ankommt.

Wie wichtig sind Dir Rezensionen und Rankinglisten?
Wie gern würde ich jetzt sagen, sie wären mir absolut egal, aber natürlich schiele ich wie fast alle Kollegen auf das, was bei Amazon, in Blogs oder in der Presse über meine Bücher steht. Gerade die ersten Reaktionen kurz nach dem Erscheinungstermin treffen mich besonders. Ähnlich geht es mir mit den Rankings. Zwar weiß ich letztlich nicht, wie sie genau zustande kommen, aber ich ertappe mich doch immer wieder dabei, nachzuschauen, wo meine Bücher gerade rangieren.




Foto copyright by Erol Gurian



Hast du selbst ein Lieblingsbuch, einen bevorzugten Autor?
Am liebsten lese ich Vicki Baum, Gina Kaus und Irène Némirovsky, die Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt und geschrieben haben. Auch Erich Kästner und Lion Feuchtwanger gehören zu meinen Favoriten. Von diesen Autoren lese ich alles, was ich in die Finger bekomme. Ein einziges Lieblingsbuch gibt es für mich deshalb jetzt nicht mehr – nur eins aus meiner Kindheit. Da kannte ich Kästners „Doppeltes Lottchen“ nahezu auswendig.

Welche Bücher liest du selbst? 
Welches Genre bevorzugst du?
Ich bin eine leidenschaftliche Leserin und lese alles, was gut ist – mangels Zeit habe ich mir inzwischen nämlich angewöhnt, ein Buch, das mir nicht gefällt, tatsächlich schnell wegzulegen, um mehr Zeit für das Lesen guter Bücher zu haben. Manche bekommen zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite Chance. Außer Fantasy und Büchern, in denen zu viel Gewalt vorkommt, lese ich alle Genres, Hauptsache, es ist gut und fesselt mich, damit ich weiterlese.

Welches wird dein nächstes Projekt sein oder ist es noch geheim?
„Nach dem Buch ist vor dem Buch“, deshalb stecke ich bereits wieder mittendrin im nächsten Roman, der 2015 erscheinen wird. Viel kann ich noch nicht verraten, nur soviel: es geht weiter mit meiner Lieblingszeit und alles dreht sich ums Tanzen, Leben und Lebenlassen in den Roaring Twenties in zwei sehr aufregenden Städten....

Wird man dich auf der nächsten Buchmesse antreffen?
Das entscheide ich sehr kurzfristig.

Viele Autorinnen besitzen ein Haustier. Gibt es da dafür eine Erklärung?
Da ich derzeit – nach vielen Jahren mit zwei sehr entzückenden Meerschweinchen – kein Haustier habe, kann ich wenig dazu sagen. Mein Haustier ist der Roman, an dem ich gerade schreibe, der hat mich komplett im Griff. Die wenigen Momente ohne ihn gehören natürlich ganz meiner Familie und meinen Freunden.

Wie sieht dein Alltag aus?
Wenn ich in der Schreibphase bin, sehr geregelt, weil ich meinen festen Rhythmus brauche. Für Ablenkungen bin ich natürlich dankbar, aber sie dürfen mich nicht zu sehr aus dem Schreiben herausreißen.

Nenn uns dein Lieblingsreiseziel!
Und welche Ecke dieses Erdballs möchtest du unbedingt einmal kennenlernen?
Frankreich sowie Polen und das Baltikum sind meine Lieblingsziele, aber eigentlich reise ich wahnsinnig gern überall hin, weil ich es liebe, neue Länder, Kulturen und Menschen kennenzulernen. Nur mit dem Fliegen habe ich es leider nicht so. Dabei muss ich unbedingt einmal nach Nord- und Südamerika. Irgendwie werde ich auch das eines Tages noch schaffen.

Dein Lieblingsgericht?
Dübbekuchen und rheinischer Sauerbraten, wie meine Mutter sie zaubert.

Welche Jahreszeit ist deine?
Frühling und Herbst, denn zu heiße Zeiten mag ich ebenso wenig wie zu frostigkalte.

Hast du Wünsche für die Zukunft? Welche?
Gesundheit, Frieden und Zufriedenheit für alle, damit ich noch lange Bücher schreiben kann, die mir beim Schreiben und anderen beim Lesen vergnügliche Stunden bescheren.

Wenn es irgendwie machbar wäre, würdest du auch mal nach Hagen kommen und Gast sein bei einer meiner Wohnzimmerlesungen?
Wenn es sich organisatorisch regeln lässt, also z.B. in Verbindung mit weiteren Leseterminen in der Gegend sehr, sehr gern. Wir müssen uns doch unbedingt auch einmal persönlich kennenlernen, liebe Monika!

Wie würdest du dich in einem Satz selbst beschreiben?
Ich bin eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin, für die die Welt voller neuer Geschichten und Ideen steckt.



Liebe Heidi, ganz, ganz herzlichen Dank für das tolle Interview! Und irgendwie möchte ich jetzt auch noch wissen, was Dübbekuchen ist!

Wenn Ihr noch mehr über Heidi Rehn erfahren möchtet, dann schaut doch mal hier:

www.dierehn.de
www.facebook.com/HeidiRehnAutorin

Fotos copyright by Erol Gurian


1 Kommentar:

  1. Sehr schönes Interview. Mir ist auf alle Fälle "Dübbekuchen" bekannt, denn auch meine Mutter konnte den hervorragend zubereiten. Thomas Petry

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