Montag, 29. Dezember 2014

Das Montags-Interview mit Claudia Brendler

Liebe Lesezeit-Leserinnen und -Leser,
heute darf ich Euch eine Autorin vorstellen, die ein echter Comedian ist, die schon in der 2.  Klasse mit dem Schreiben begonnen hat und die gerne mal Sibirien besuchen möchte.
Viel Spaß beim Lesen!




Informationen zur Autorin

Name: Claudia Brendler
Alter: Streng geheim
Wohnort: Frankfurt/Main
Familienstand: Verpartnert



(c) Oliver Kraus

Wann hast du angefangen zu schreiben?
Ungefähr in der zweiten Klasse habe ich die erste meiner ausgedachten Geschichten aufgeschrieben. Sie handelte von einer Oma, die überhaupt nicht so war, wie eine Oma zu sein hatte – jedenfalls damals, heute sind Omas mit Sicherheit cooler. Die Geschichte sollte lustig sein, weil diese Oma eben so unmögliche, durchgeknallte Dinge tat.

Und wolltest du schon immer schreiben?
Ja. Als Kind tut man das wohl einfach, ohne groß darüber nachzudenken. Irgendwann kamen die ersten Reaktionen auf die Geschichten und Gedichte – nicht immer positive Reaktionen übrigens, ich hatte ältere Geschwister, die beurteilten meine „Werke“ eher kritisch - und im Alter von zwölf hatte ich zum ersten Mal den bewussten Wunsch, Schriftstellerin zu werden.

Was wolltest du als Kind werden?
Vieles! In ungefähr dieser Reihenfolge: Ärztin, Forscherin, Schlagersängerin (kleine Entgleisung, gut, dass daraus nichts wurde), Lehrerin, Journalistin, Schriftstellerin, Gitarristin. Und Gitarre habe ich schließlich tatsächlich studiert, nach dem einen oder anderen Versuch, einen Ausbildungsweg zum Schreiben zu finden.

Gibt es ein Leben vor dem Autorendasein?
Klar. Auch neben dem Autorendasein. Musik hat mich als Kind und auch später immer sehr interessiert. Und vor und während des Musikstudiums habe ich unglaublich viel geübt und mich fast ausschließlich auf die Musik konzentriert. Dann bin ich Comedian geworden, was ich auch immer noch bin. Aber der Drang zu schreiben, mit der Sprache umzugehen und zu spielen und mir Geschichten auszudenken hat mich nie losgelassen.

Was inspiriert dich zu deinen Geschichten?
Das geschieht wohl auf verschiedenen Wegen. Auf jeden Fall muss immer wieder Input stattfinden: Beobachtung, Sehen, Zuhören, Lesen. Ich bin sehr neugierig, höre mit Vorliebe Gesprächen zu, die gar nicht für meine Ohren bestimmt sind, mutmaße über die Motivationen von Menschen und würde auch Fremde richtiggehend ausfragen, wenn dies nicht die Höflichkeit verbieten würde. 
Im Grunde kann einen wohl alles inspirieren, nicht nur Nachdenken über philosophische Themen, sondern auch Kleinigkeiten, Zufälligkeiten: ein Satz, ein winziger Artikel, eine Schlagzeile, ein gefundener Gegenstand, ein Name an einem Türschild usw. 
Und natürlich die Kunst anderer in jeder Form.

Wie entstehen sie?
Erst Notizen, darüber nachdenken, kurze Zusammenfassung für mich, sehr früh schon Text, ich muss merken, ob ich eine Sprache dafür habe.
Dann spreche ich mit anderen darüber, Kollegen, meinem Freund, auch Menschen, die sich ums Geschäftliche kümmern, um zu sehen, ob die Geschichte für irgendjemanden da draußen interessant sein könnte.
Aber das ist nicht das Kriterium, sie muss vor allem mich selbst fesseln.

Wie kam Dir die Idee zu deinem letzten Buch?
Die fette Fee ist eine Geschichte, an der ich sehr lange gearbeitet habe, insgesamt, mit Pausen, über sechs Jahre. Während dieser Zeit hat sich die Geschichte immer wieder verändert. Ausgangsidee war, über eine Jugendliche zu schreiben, die der Realität mehr und mehr abschwört und in einer eigenen Welt lebt. Sehr früh habe ich ihr eine Erwachsene zur Seite gestellt, die zu ihr ein widersprüchliches Verhältnis haben sollte, ihr aber im Endeffekt hilft.
Gerade die eigene Welt dieser Jugendlichen, Felicia, hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert. Anfangs sprach sie mit eingebildeten, sehr coolen Freunden, jetzt schreibt sie ein fortlaufendes Fantasy-Epos und hat sich ein ganzes Reich mit eigenen Gesetzen erschaffen.



Gibt es auch schon mal biografische Elemente?
Ja, am Beispiel Fee gut zu sehen: Jill, die erwachsene Hauptfigur, ist Comedian. Nicht deshalb, weil ich unbedingt über meine Erfahrungen als Komikerin schreiben wollte, sondern weil ich diese Welt kenne und die Figur dort gut agieren lassen kann. Wichtig für die Figur Jill war, dass sie etwas Kreatives tun muss, wozu sie immer wieder Ideen haben muss – in der fetten Fee geht es um Kreativität und letzlich auch um etwas wie Urheberrecht im weitesten Sinne. Der Drang dieser Figur, immer etwas Neues, Komisches erfinden zu müssen bei mitunter äußerst unkomischen Umständen, hat mich sehr gereizt.
Auf diese Weise gibt es immer wieder biografische Elemente, ich schreibe viel über Musiker, Schauspieler, das Unterwegssein, guten Wein ...

Wo schreibst du und hast du feste Schreibzeiten?
Zuhause und am frühen Morgen. Wenn ich reise, auch gern unterwegs, dann unregelmäßiger, dafür überall. Früher konnte ich das besser: schreiben, egal wo und immer. Heute, mit viel mehr Termindruck, Stress, Erwartungen und Verpflichtungen, brauche ich es etwas geregelter. 

Was macht dir am meisten Spaß beim Schreiben?
Die richtige Sprache und den richtigen Sound für eine Geschichte finden. Das kann sehr lange dauern und manchmal macht es auch weniger Spaß, aber es ist mir das Wichtigste überhaupt. Außerdem Sprachspielereien, verrückte Dialoge. Und wie das Unbewusste das ganze Schiff steuert – und immer schon weiß, wo es langgeht, während ich noch überhaupt keine Ahnung habe, das finde ich toll! Also: wohl ganz stark das Intuitive. 

Kennst du Schreibblockaden und wenn ja, wie gehst
du damit um?
Eine wirkliche Blockade hatte ich noch nie *aufholzklopf*, aber sehr zähe Zeiten. Feststecken in einer Szene, einem Plot, über Tage, Ideenlosigkeit, Lustlosigkeit. Dagegen hilft Bewegung in jeder Form, auch Reisen, Veränderung, Ablenkung, Input. Vertrauen. In die eigene Intuition. Träume aufschreiben, dem Unbewussten ein Leckerli geben, etwas, das ihm Spaß macht.

Wer sind deine ersten Probeleser?
Kollegen, die ich ständig nerve. Ab und zu auch mal Leser aus der „Zielgruppe“, an die sich das Buch richtet. 

Wie wichtig sind Dir Rezensionen und Rankinglisten?
Rankings gehen glatt an mir vorbei, das bekomme ich meist nicht mit. Ich bin nicht besonders internetaffin und wenn, dann eher zum Spaß oder zur Recherche dort unterwegs. Über Rezensionen freue ich mich immer, besonders, wenn ich das Gefühl habe, die Leserin/der Leser hat sich auf die Welt meines Buches wirklich eingelassen. Auch durchaus kritisch. Wenn jemand in einer Rezension Kritik anbringt, mit der ich etwas anfangen kann, freue ich mich auch darüber.

Hast du selbst ein Lieblingsbuch, einen bevorzugten Autor?
Viele ... Ralf Rothmann, Angelika Klüssendorf, Ulrike Draesner, Jonathan Franzen, Jeffrey Eugenides, Karen Duve, Per Petterson, Jenny Erpenbeck, Ernst Augustin, Doris Dörrie, Michael Köhlmeyer ... und und und.
Lieblingsbücher habe ich viele, auch einige, die ich immer wieder lesen kann.

Welche Bücher liest du selbst? 
Welches Genre bevorzugst du?
Ich bevorzuge eher Nicht-Genre-Bücher, literarische Bücher, auch sehr gern Tragikomisches.

Welches wird dein nächstes Prokjekt sein oder ist es noch geheim?
Es gibt im Moment mehrere Projekte, an denen ich arbeite. Vor allem anderen zwei literarische Romane. Einer davon ist ein „Road Novel mit Kontrabass“ und der andere ein Roman, an dem ich schon seit zehn Jahren mit Unterbrechungen arbeite. Dazu gibt es noch das Nachfolgebuch für die fette Fee – kein zweiter Band, eine tragikomische neue Geschichte – und einen Reiseroman, ebenfalls tragikomisch.

Wird man dich auf der nächsten Buchmesse antreffen?
In Leipzig vielleicht nicht, aber sicher in Frankfurt. Dort wohne ich ja, das ist für mich natürlich günstig.

Viele Autorinnen besitzen ein Haustier. Gibt es da dafür eine Erklärung?
Vielleicht, weil Schreiben ein einsamer Job ist? Weil es einen zwingt, ab und zu aufzustehen (okay ein Hund eher als eine Wasserschildkröte).
Ich habe keins, ich bin zu oft unterwegs. Dafür kommen in meinen Büchern recht oft bizarre Haustiere vor.

Wie sieht dein Alltag aus?
Arbeit Arbeit Arbeit. Morgens schreiben, nachmittags Korrespondenz oder Schüler (Musik- und Schreibschüler) betreuen. Oft für Lesungen oder Comedy-Auftritte üben. Und eben zu den Auftritten reisen. Wäre ich kein Workcaholic und hätte ich keinen ebenso freiberuflich arbeitenden Freund, hätte ich vermutlich ein Problem. 

Nenn uns dein Lieblingsreiseziel!
Der Norden. Den habe ich auch schon ausführlich bereist, allerdings nur Nordeuropa. Norwegen, Schweden, Finnland, Island.

Und welche Ecke dieses Erdballs möchtest du unbedingt einmal kennenlernen?
Auch den Norden – aber außerhalb von Europa. Kanada, Nordamerika, Sibirien.
Nur zum Beispiel.

Dein Lieblingsgericht?
Nudeln in jeder Form. Und indisch/vegetarisch. Für einen Veggie wie mich ist indisch essen gehen oder kochen (okay: bekocht werden) einfach das Schönste!

Welche Jahreszeit ist deine?
Frühling/Sommer.

Hast du Wünsche für die Zukunft? Welche?
Gesund bleiben, kreativ bleiben, von meiner Arbeit leben können, weiter in einer glücklichen Beziehung leben können, anderen mit meiner Arbeit etwas geben. Allgemein gedacht: Frieden auf der Welt, einen Weg finden, diese sinnlosen Kriege zu beenden, keine Bereicherung mehr auf Kosten anderer. Aber dazu müsste man wahrscheinlich erst das menschliche Ego abschaffen. 

Wenn es irgendwie machbar wäre, würdest du auch mal nach Hagen kommen und Gast sein bei einer meiner Wohnzimmerlesungen?
Klar, wenn ich gerade in der Gegend bin, gerne. Wohnzimmerlesungen sind eine schöne Idee!

Wie würdest du dich in einem Satz selbst beschreiben?
Irgendwie fehlen mir die Worte für mich – ich glaube, ich versteh mich nicht wirklich ...




Herzlichen Dank, liebe Claudia, für das Interview!

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